Hardehausen mit neuer Attraktion - Die Ausgrabungen fördern interessante Neuigkeiten zu Tage.
Mitarbeitende aus Landvolkshochschule, Jugendhaus und Gästeservice & Hausmanagement bekamen es vom ersten „Ausgräber“ persönlich erklärt. Wolfram Essling-Wintzer vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe beschrieb begeistert und ausführlich, was er in den vergangenen Monaten in Hardehausen entdecken konnte.
Von dem ehemals gut 60 Meter langen und 12 Meter breiten Westflügel konnten weite Teile des Untergeschosses freigelegt werden. Bereits im Rahmen einer Voruntersuchung im August 2021 waren er und sein Team, Spezialisten des LWL-Fachreferats für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie, in etwa 1,80 Metern Tiefe auf eine Türschwelle gestoßen. "Zu diesem Zeitpunkt rechneten wir bereits mit einer erstaunlich weitgehenden Erhaltung des alten Westflügels", freute sich der Grabungsleiter. Die Mauern sind bis zu 2,30 Meter hoch und waren mit zahlreichen hochwertigen Architekturelementen wie Gewölbevorlagen, Kreuzgraten, Rippenfragmenten und Pfeilern versehen. Man geht von insgesamt drei Geschossen aus, die im Laufe der Geschichte unterschiedlich genutzt wurden. Waren es in der Anfangszeit des Klosters Räumlichkeiten für die Konversen, die sog. Laienbrüder, wurden in der Zeit ab 1680 daraus komfortable Gästeappartements.
Eine Frage ist die nach dem genauen Alter der nun aufgedeckten Ruinen. Diverse Mauerwerksfugen belegen drei Bauphasen. "Die Jüngste gehört zum barocken Wiederaufbau in den Jahren um 1700 und ist so gut belegt, dass ihre vollständige virtuelle Rekonstruktion möglich und für die Forschung wünschenswert wäre", berichtete Essling-Wintzer. Die älteste dürfte laut des Archäologen aufgrund ihrer spätromanischen Stilelemente in die Mitte des 13. Jahrhunderts zu datieren sein. "Sehr wahrscheinlich hat man in Hardehausen zur Blütezeit des Konvents den Bau einer großzügig dimensionierten, idealtypischen Klausuranlage in Angriff genommen", meint Essling-Wintzer. Die mittlere Bauphase datierte der Experte ins 16. Jahrhundert.
In der Bewertung der Funde sind sich die Verantwortlichen des LW einig. LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger sieht in der Entdeckung einen "ebenso unverhofften wie wertvollen Zugewinn für die westfälische Klosterlandschaft". Man dürfe sich auch für das Erzbistum Paderborn sowie das Jugendhaus und die Landvolkshochschule freuen, deren neues Gästehaus damit um eine echte Attraktion reicher werden könne. "Dass dieser ursprünglich von den Laienbrüdern bewohnte und seit seiner Zerstörung 1812 verloren geglaubte Klosterflügel noch so gut erhalten ist, kann ohne Übertreibung als glückliche Fügung bezeichnet werden", unterstreicht auch der Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen, Prof. Dr. Michael Rind.
Die Ausgrabungen waren nötig geworden, weil an dieser Stelle auch der Umbau Platz gefunden hätte. Nun ist jedoch noch völlig offen, wie diese wertvollen Entdeckungen konserviert und integriert werden können.
Das Kloster Hardehausen wurde im Jahr 1140 vom Paderborner Bischof Bernhard I. (gest. 1160) gegründet. Als erste Zisterzienserabtei auf westfälischem Boden ist sie zugleich auch eine der ältesten Deutschlands. Seine Blütezeit erlebte das Kloster dank zahlreicher Stiftungen im 13. Jahrhundert. Zu dieser Zeit lebten, arbeiteten und beteten dort mehrere Hundert Laienbrüder und Kleriker. Nach Verwüstungen während des 30-jährigen Krieges wurde das Kloster um 1700 im Barockstil wiederaufgebaut, der bis heute das Bild der Anlage prägt. In dieser zweiten Gründungsphase entstand zusätzlich vor allem der große Wirtschaftshof, Ställe und Scheunen, die heute für die Jugendbildung und für Freizeitangebote (Schwimmbad, Kegelbahn Turnhalle, Lounge etc.) genutzt werden. Nach der Aufhebung des Klosters im Jahre 1803 und Vertreibung der Mönche riss man 1812 die Klosterkirche und den Westflügel des Klostergevierts, der sogenannten Klausur, ab.
© Artikel und Fotos: Wolfram Essling-Wintzer (LWL) und Stephan Kreye (LVH)